Auf einem Klettersteig auf die 2058 Meter hohe Kanzelwand. Diese Vorstellung sorgte bei mir Klettersteig-Anfänger für ein ebenso mulmiges Gefühl wie für Vorfreude. Aber wir waren in guten Händen. Die Bergschule Kleinwalsertal würde uns den Tag über begleiten und uns für den Walsersteig Klettersteig an der Kanzelwand vorbereiten.
Wir hatten den Tagesklettersteigkurs im Rahmen unserer Outdoor-Sport-Expedition gebucht. Um 10 Uhr sollten wir am Übungsklettersteig der Bergschule sein, aber unser Timing war noch nicht auf die neue Umgebung abgestimmt. Auf einem Campingplatz kann es morgens halt schon mal länger dauern und so packten wir noch Proviant und Ausrüstung in unserem Wohnmobil zusammen, als unser Bus am Campingplatz vorbeirauschte.
Aber kein Problem. Nachdem wir unseren Bergführer Samuel über das Malheur informiert hatten, bot er an, uns direkt von Hirschegg zum Übungsklettersteig mitzunehmen. Das gibt schon mal einen dicken Pluspunkt für den unkomplizierten Service.
Erste Gehversuche auf dem Übungsklettersteig der Bergschule
Nachdem alle Teilnehmer des Tagesklettersteigkurses vor Ort waren, ging es mit der Materialausgabe los. Es folgte eine ausführliche Einweisung, wie das Klettersteigset zu verwenden ist, welche Technik beim Klettern am einfachsten ist und Hinweise zum allgemeinen Verhalten auf dem Klettersteig. Samuel erklärte uns auch die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade und gab einen Einblick in die Entstehung von Klettersteigen.
Und dann ging es auch schon auf den ersten Übungssteig mit der Schwierigkeit A/B. Nachdem alle den sicheren Umgang mit dem Klettersteigset verinnerlicht hatten, übten wir beim Abstieg des selben Klettersteigs noch das Überholen von anderen Kletterern.
Weiter ging es auf den nächsten Übungssteig. Dieser war schon ein paar Meter höher und hatte auch ein kleines Stück der Schwierigkeit C. Unter den Kursteilnehmern waren auch zwei Kinder, die mit Samuel voraus stiegen und uns in Sicherheit wogen: Wenn die Kinder das schaffen, schaffen wir das auch. Am Ende des Steigs ging es noch über eine kleine Seilbrücke und anschließend seilte Samuel uns von einer Holzplattform ab.
Wer sich sicher fühlte, konnte anschließend noch einen kurzen Klettersteig mit dem Schwierigkeitsgrad D ausprobieren. Das Stück hatte einen Überhang und erforderte sehr viel Kraft. Im Gegensatz zu den Leihgurten hatte mein Sitzgurt keine Bandschlinge und ich konnte mich nicht zwischendurch einhängen, um eine kurze Pause zu machen. Zum Glück war der Steig nicht so lang, vermittelte aber ein gutes Bild über die Schwierigkeitsstufe.
Es wird ernst. Es geht auf den Kanzelwand Klettersteig “Walsersteig”
Nach den drei Übungssteigen waren alle fit für die nächste Herausforderung: Der Walsersteig Klettersteig an der Kanzelwand. Der Klettersteig führt zum 2058 Meter hohen Gipfel der Kanzelwand und wird teilweise auch als Kanzelwand-Erlebnis-Klettersteig bezeichnet.
Mit dem Bully brachte Samuel uns nach Riezlern zur Kanzelwandbahn. Die Auffahrt mit der Gondel nutzen wir für eine kurze Snackpause – Klettersteig gehen macht hungrig. An der Kanzelwand Bergstation genossen wir kurz den Weitblick bevor es weiter, den „Kanzelwand“ Schildern folgend, Richtung Gipfel ging. Der Einstieg zum Klettersteig befindet sich nach etwa 15 Minuten auf der linken Seite und ist durch einen roten Stab gekennzeichnet.
Der Kanzelwand Klettersteig “Walsersteig” ist etwa 200 Meter lang und durchgehend gesichert. Bis zum Gipfel überbrückt man knapp 100 Höhenmeter und die Schwierigkeit ist mit A/B angegeben. Es gibt einen weiteren Kanzelwand Klettersteig, der auf den Gipfel führt: Der 2-Länder-Sport-Klettersteig mit einer Schwierigkeit von C/D. Kletterer die diesen Steig für den Aufstieg gehen, nutzen teilweise den Walsersteig für den Abstieg. Es ist also mit Gegenverkehr zu rechnen.
Mit jedem Meter den wir aufstiegen, war ich mehr von dem Weitblick und dem Panorama der Allgäuer Alpen begeistert. Der Klettersteig ist wenig ausgesetzt und das Klettersteigset vermittelt zusätzlich das Gefühl von Sicherheit. Höhenangst war also kein Problem und neben dem Klettern gab es ausreichend Möglichkeiten die Aussicht zu genießen.
Ein Highlight der Tour ist sicherlich die 25 Meter lange Burma-Brücke. Auf einem Drahtseil geht es von Fels zu Fels. Zwei weitere Seile stellen das Geländer dar und oberhalb verläuft ein viertes Drahtseil für die Sicherung. Das wackelt ganz ordentlich. Vor allem, wenn man mit mehreren Personen gleichzeitig hinüber geht.
Nach der Brücke kommt ein etwas schwierigeres Stück. Leicht überhängend, aber dank unserer Vorbereitung auf dem Übungsklettersteig konnte uns das nicht schocken und wir sind alle problemlos durchgekommen.
Kurz danach stießen wir auf den besagten Gegenverkehr. Eine Gruppe von vier Kletterern, die den Walsersteig für den Abstieg nutzen wollten. Statt sich mit uns abzusprechen und sicher am Seil an uns vorbeizuziehen, lösten die vier ihre Sicherungen und gingen ungesichert am Felsvorsprung an uns vorüber.
Das hatte Samuel uns im Vorfeld strengstens verboten: „Egal was kommt, ihr bleibt immer am Seil!“. Die tödlichen Unfälle an Klettersteigen passieren meist nur, weil die Kletterer sich aus dem Sicherungsseil aushängen. Bei all dem Spaß und den wunderbaren Ausblicken darf man natürlich nie die Sicherheit vergessen. Leichtsinn kann auf Klettersteigen schnell zu schweren Unfällen führen.
Nach etwa 45 Minuten erreichten wir den Gipfel. Hier mussten wir uns unvorhergesehen von Samuel verabschieden. Er ist Mitglied der Bergrettung und bekam über sein Funkgerät einen Notruf. Auf dem 2-Länder-Sport-Klettersteig war ein Kletterer in Not geraten und er machte sich schnell auf den Weg, um zu helfen.
Wir blieben noch ein wenig am Gipfelkreuz der Kanzelwand, erholten uns vom Aufstieg und erfreuten uns an dem klaren, sonnigen Wetter und dem perfekten Ausblick auf die umliegenden Gipfel. Über den Wanderweg ging es anschließend zurück zur Kanzelwand Bergstation und mit der Gondel wieder hinunter nach Riezlern.
Fazit: Klettersteig Kanzelwand – Mit der Bergschule Kleinwalsertal auf den Walsersteig
Klettersteige zu gehen stand schon lange auf meiner ToDo-Liste. Da ich mir über die Gefahren bewusst war, kam es für mich nicht in Frage, einen Klettersteig ohne vorherige Anleitung eines erfahrenen Bergführers zu gehen. Die Bergschule Kleinwalsertal hat mir einen perfekten Einblick in diesen faszinierenden Bergsport gegeben und ich fühle mich jetzt sicher genug, um die nächsten Klettersteige eigenhändig zu begehen.
Die Ausbildung am Übungssteig hat uns einen guten Einblick in die Ausrüstung und die Kletter-Technik vermittelt. Der erste alpine Klettersteig an der Kanzelwand ist für Anfänger hervorragend geeignet. Nicht zu schwer, aber trotzdem fordernd, beinhaltet er viele Facetten dieses Bergsports.
Samuel ist ein sympathischer Guide, der trotz seiner lockeren Art wichtige Themen ernsthaft und verständlich vermitteln kann. Wir hatten viel Spaß mit ihm auf der Tour und haben uns gut aufgehoben gefühlt.
Die GoPro war natürlich auch mit dabei – Video vom Klettersteig
Wenn du gerne mal einen Klettersteig gehen möchtest und in der Nähe vom Kleinwalsertal unterwegs bist, kann ich dir diesen Tagesklettersteigkurs wärmstens empfehlen. Der Kurs ist für Neulinge mit wenig Bergerfahrung konzipiert und genau da fühlte ich mich als Flachlandtiroler gut abgeholt. Die Bergschule Kleinwalsertal bietet den Kurs täglich von Mai bis Oktober ab 68,- Euro an.
Kontaktdaten
Bergschule Kleinwalsertal
Sonnhalde 6
A-6993 Mittelberg
Telefon: +43 5517 30245
Web: https://bergschule.at/
E-Mail: info@bergschule-kleinwalsertal.de
Anna und Dominik von Trips-4-Lovers waren ebenfalls mit der Bergschule Kleinwalsertal auf einem Klettersteig unterwegs. Den Bericht der beiden und einige tolle Bilder dazu gibt es hier zu sehen.
Transparenz ist mir wichtig: Dieser Bericht entstand in Kooperation mit der Bergschule Kleinwalsertal. Wir wurden vom Veranstalter zu der Tour eingeladen. Wie bei allen meinen Artikeln kannst du dir aber sicher sein, dass du hier nur meine ehrliche Meinung findest und ich nur die Dinge empfehle, die mich wirklich überzeugt haben.
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